23. April 2020

Forschende im Bereich der erneuerbaren Energien melden viele Patente an. Die Forschungsförderung unterstützt sie und stärkt damit auch die Wirtschaft.

Die Energiewende schafft Innovationen. Ob größere Rotorblätter für leistungsstärkere Windenergieanlagen oder neue Materialien in Photovoltaikmodulen für höhere Wirkungsgrade: Wissenschaftsteams entwickeln und optimieren Technologien und Verfahren, um die Gesellschaft umweltfreundlich und bezahlbar mit Energie zu versorgen. Davon profitieren alle: Neue Technologien schaffen Arbeitsplätze, sorgen für Fortschritt und helfen, neue Exportmärkte zu erschließen. Die Energieforschung unterstützt Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen bei der Entwicklung innovativer Ideen und deren Transfer in die Praxis.

510 Millionen Euro für anwendungsnahe Energieforschung

So fördert die Bundesregierung zukunftsweisende Energietechnologien unter anderem mit dem 7. Energieforschungsprogramm. Die Federführung liegt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Im Jahr 2019 hat das BMWi rund 510,1 Millionen Euro für laufende Projekte im Bereich der anwendungsnahen Forschung und Entwicklung im 7. Energieforschungsprogramm ausgegeben. Projekte im Umfang von rund 625,7 Millionen Euro wurden neu bewilligt - das entspricht rund 1.190 neu bewilligten Vorhaben in diesem Förderbereich. Die aus der Förderung hervorgegangenen Patentanmeldungen im Bereich erneuerbare Energien reichen von innovativen Messsystemen für Windenergieanlagen über minutengenaue Wolkenvorhersagen bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen bis zu neuen Produktionsverfahren von Photovoltaik-Komponenten.

Rotorblätter aus der Ferne warten

Windenergieanlagen müssen überwacht und regelmäßig gewartet werden. Für ersteres besitzen sie ein Condition-Monitoring-System, das eine Vielzahl von Parametern erfasst und online einer Leitwarte zusendet. Schäden an der Bausubstanz – insbesondere an den Rotorblättern - können so jedoch nicht erkannt werden. Aufnahmen der sich drehenden Rotorblätter mit einer statischen oder handgehaltenen Kamera sind aufgrund der hohen Geschwindigkeit und der für eine ausreichende Bildauflösung nötigen Teleoptik nicht möglich.

Für die Dokumentation und Instandhaltung müssen die Anlagen deshalb zweimal jährlich angehalten und überprüft werden. Diese Inspektionen sind nur möglich, wenn die Windenergieanlagen vom Netz genommen, in eine geeignete Position gefahren und dann die Rotorblätter durch Kletterer oder mittels Kameradrohnen inspiziert werden. Dieser hohe Aufwand und die Ausfallzeiten sind teuer.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB und das Unternehmen Nawrocki Alpin haben eine weltweit einzigartige Lösung entwickelt. Sie haben ein Fotodokumentationssystem entwickelt, das Rotorblätter bei laufendem Betrieb aus der Ferne inspiziert und dokumentiert.

Bis zu 500.000 Euro Kosten sparen

Hierbei werden die Rotorblätter von einem Kamerasystem automatisch erfasst und verfolgt. Dieses System führt die in einen Schwenk-Neige-Kopf verbaute Dokumentationskamera der Bewegung des Rotorkranzes so nach, dass sie ausgesuchte Blattsegmente konstant beobachtet. Auf diese Weise können hochauflösende Bilder der Blattoberfläche gemacht und potentielle Schäden erkannt werden.

Das System wird circa 200 bis 300 Meter vor bzw. hinter der Windenergieanlage positioniert. Es fertigt jeweils fünf Fotos pro Blatt und Seite an. Diese werden dann in einem Auswertungsprotokoll gelistet, das die Schäden zeigt und kartiert. Bei rund tausend zu dokumentierenden Anlagen liegt die Kostenersparnis bei 300.000 bis 500.000 Euro, je nach Größe und Leistungsbild der Anlagen.

Diese Innovation haben die Projektpartner 2019 in Deutschland patentiert. Gerade erfolgt die Patentierung innerhalb der Europäischen Union. Die Grundlagen für diese Innovation wurden in dem vom BMWi geförderten Forschungsvorhaben WEADYN gelegt. Im Folgevorhaben WEALyR arbeiten die Forscherinnen und Forscher daran, ein laserbasiertes Messsystem für Vibrationen von Windenergieanlagen weiter zu optimieren.

Wolken- und Sonnenvorhersage für mehr Strom

Photovoltaik-Freiflächenanlagen und solarthermische Kraftwerke produzieren bei praller Sonne und wolkenlosem Himmel den meisten Strom. Um die Anlagen möglichst optimal auszurichten, sind exakte Wettervorhersagen für die Betreiber ausgesprochen wichtig. Ein Wissenschaftsteam vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat daher gemeinsam mit den Unternehmen TSK Flagsol Engineering und CSP Services ein sogenanntes Wolkenkamerasystem, kurz “WoBas”, entwickelt. WoBaS ist direkt vor Ort installiert und sagt die Wolkenbewegungen 15 Minuten in der Zukunft voraus. Damit ergänzt es die satellitengestützten Wetterprognosen aus dem All. Das System ist patentiert und wird von CSP Services kommerziell vertrieben.

Konkret erstellen mehrere Kameras alle 30 Sekunden von verschiedenen Feldpositionen aus Fotos vom Himmel. Dadurch lassen sich die genauen Wolkenstandorte in der Nähe der Anlagen und ihre Bewegungen vorhersagen. Das zahlt sich für die Anlagenbetreiber aus.

Photovoltaik günstig hergestellt

Nicht nur der Betrieb von Anlagen wird optimiert. Auch die Produktion bietet viel Potenzial für Innovationen - und somit auch für Patente. Das Unternehmen NexWafe etwa, das aus dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE ausgegründet wurde, verfügt dank langjähriger Forschung und Entwicklung bereits über ein Dutzend Patentfamilien. NexWafe hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Siliziumwafer quasi kopiert werden - und das mit einer hohen Qualität. Das Halbleitermaterial Silizium ist die Grundlage der meisten Photovoltaikmodule. Jedoch sind die etablierten Herstellungsprozesse der flachen Siliziumscheiben vergleichsweise kompliziert und dadurch teurer. Mit dem neuen Verfahren möchte NexWafe die Photovoltaik-Produktion zurück nach Europa holen.