Aktuell ist die Leistung von Solarmodulen meist niedriger als die kumulierte Leistung der in ihnen verbauten Solarzellen. Unterschiedliche optische und elektrische Verlustmechanismen sowie optische Gewinne beeinflussen die Leistung der im Photovoltaik-Modul integrierten Zellen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen nach Möglichkeiten, die Leistung von Modulen zu verbessern, ohne die Zelle zu verändern. Dazu kombinieren sie alle Komponenten so, dass die erzielte Modulleistung höher ist als die addierte Leistung der einzelnen Zellen.

Projektkontext

Auf dem Markt für Photovoltaik-Anlagen herrscht ein intensiver Wettbewerb. Mit ständig neuen Innovationen senken die Hersteller ihre Produktionskosten und steigern den Wirkungsgrad der Zellen und Module. Dafür verbessern sie die Produktionsprozesse entlang der Kette vom Silizium bis zum Modul. Die Leistung des Solarmoduls ist in der Regel geringer als die kumulierte Leistung der in ihnen verbauten Solarzellen. Hier setzt das Forschungsvorhaben CTM 100 an.

Forschungsfokus

In Zusammenarbeit mit insgesamt 12 Industriepartnern untersuchen das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP Gewinn- und Verlustmechanismen von der Solarzelle zum Photovoltaik-Modul. Sie wollen das Sonnenlicht noch effektiver in die Solarzelle leiten und optische und elektrische Verlustursachen im Photovoltaik-Modul minimieren. Ihr Ziel ist, das Verhältnis zwischen Modulleistung und der Summe der Zellleistungen zu verbessern, ohne die integrierten Zellen selbst zu verändern. Dieses Leistungsverhältnis von der Zelle zum Modul wird durch die Kennzahl CTM (cell-to-module) beschrieben. Die Forscherteams wollen mit Zellen aus der aktuellen Industrieproduktion leistungsfähigere Module aufbauen. "Ziel des Projekts CTM100+ sind Qualitätsmodule, die über 100 Prozent der Zellleistung erreichen", erklärt Prof. Jens Schneider vom Fraunhofer CSP, Koordinator des Projekts. Die verbauten Zellen sollen also innerhalb des Moduls mehr Leistung bringen, als sie es einzeln gekonnt hätten.

Ein typisches Si-basiertes PV-Modul; es zeigt in schematischem Querschnitt und Draufsicht die verschiedenen Verlust- und Verstärkungsmechanismen:  1) Reflexionsverlust Luft/Glas,  2) Absorptionsverlust Glas, 3) Reflexionsverlust Glas/Verkapselungsmaterial, 4) Absorptionsverlust Verkapselungsmaterial, 5) Kopplungsverstärkung Kap./Zelle, 6) Reflexion an der Innenseite des Glases, 7) Verluste an Modulrand und Zwischenraum, 8) Umleitungsverstärkung aus inaktivem Bereich, 9) Verschattungsverluste Kontakte (Busbars, Kontaktfinger), 10) Lichtumlenkung Kontakte, 11) Ohmsche Verluste Verschaltung / Kontakte
© Fraunhofer CSP

Ein typisches Si-basiertes PV-Modul; es zeigt in schematischem Querschnitt und Draufsicht die verschiedenen Verlust- und Verstärkungsmechanismen: 1) Reflexionsverlust Luft/Glas, 2) Absorptionsverlust Glas, 3) Reflexionsverlust Glas/Verkapselungsmaterial, 4) Absorptionsverlust Verkapselungsmaterial, 5) Kopplungsverstärkung Kap./Zelle, 6) Reflexion an der Innenseite des Glases, 7) Verluste an Modulrand und Zwischenraum, 8) Umleitungsverstärkung aus inaktivem Bereich, 9) Verschattungsverluste Kontakte (Busbars, Kontaktfinger), 10) Lichtumlenkung Kontakte, 11) Ohmsche Verluste Verschaltung / Kontakte

Innovation

Die Forscherteams entwickelten eine Technologie-Roadmap für Qualitäts-Solarmodule mit einem CTM von über 100 Prozent. Dafür untersuchen sie neben dem Modulaufbau auch die verwendeten Materialien. Damit die Sonnenstrahlen möglichst ungehindert zu den Solarzellen gelangen, soll zum Beispiel die Reflexion des Glases reduziert werden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten verschiedene Modulmaterialien, Materialkombinationen und Moduldesigns her. Diese charakterisierten sie messtechnisch und erfassten anschließend das Zusammenwirken in optischen und elektrischen Modellen. Um eine kontinuierliche Verbesserung zu erreichen, stellten die beiden Fraunhofer-Institute neue optimierte Module her. Die erreichten Verbesserungen überprüften sie gemeinsam mit einem Expertenkreis von Anlagenbauern und Herstellern von Komponenten, Messtechnik und Modulen.

Darstellung der CTM-Analyse (cell-to-module-analyse) für ein industrieübliches 5-Busbar-Modul, die mit dem Softwaretool SmartCalc.CTM errechnet wurde - Summe Zellleistung (STC)
© Fraunhofer ISE

Darstellung der CTM-Analyse (cell-to-module-analyse) für ein industrieübliches 5-Busbar-Modul, die mit dem Softwaretool SmartCalc.CTM errechnet wurde - Summe Zellleistung (STC)

Ergebnisse

Softwaretool hilft die Modulleistung zu steigern.

Zur gezielten CTM-Analyse der unterschiedlichen Zell- und Moduldesigns wurde eine am Fraunhofer ISE entwickelte Systematik zur Messung und Berechnung der einzelnen Gewinn- und Verlustmechanismen verwendet und weiterentwickelt. Diese Berechnungsmodelle wurden in ein Softwaretool überführt. Es dient dazu, Zell-zu-Modul-Verluste und Gewinne für Solarmodule schnell zu berechnen und ermöglicht flexibles virtuelles Prototyping.
Die Software ermittelt optische, elektrische und geometrische Verluste und Gewinne der Zellleistung. Sie versetzt PV-Hersteller in die Lage, zu messen, welche Auswirkung unterschiedliche Materialien auf die Modulleistung haben. Damit können die Hersteller Komponenten optimal aufeinander abstimmen und Module mit bestmöglicher Leistung produzieren. Die Software ermöglicht es ihnen außerdem, bereits vorab zu bewerten, welche Effekte neue Materialien und Komponenten bewirken.

Mithilfe der Optimierungssoftware wurden im Module Technology Evaluation Center des Fraunhofer ISE zum Beispiel Halbzellenmodule mit einem CTM von 106 Prozent hergestellt. Der Photovoltaik-Hersteller Heckert Solar erreichte mit der Software bei eigenen Modulen eine Leistungssteigerung von rund 0,5 Prozent. Die Firma will das System weiterhin nutzen, um die Modulleistung kontinuierlich zu verbessern.

Neues Rechenmodell zur Vorhersage von Leistungsverlusten

Das Fraunhofer CSP stellte im April ein weiter entwickeltes Modell zur Qualitätsbewertung von Photovoltaik-Modulen vor. Die Software berücksichtigt die Wechselwirkung von eingestrahltem Licht und Strom sowie Wärmeerzeugung. Es bezieht optische und elektrische Effekte in die Berechnung von optischen Reflektionen, Wärmequellen und Energieverluste in Photovoltaikmodulen ein. Das Rechenmodell stützt sich dabei auf mit Standardmessgeräten erhobene experimentelle Daten. Ausgehend von einem beliebigen (Sonnen-)Spektrum ermöglicht es, diese Verluste zuverlässig vorherzusagen. Neben den CTM-Werten liefert es auch Informationen über die im PV-Modul auftretenden Wärmeverluste.

Darstellung der optischen und elektrischen Verlustmechanismen, die das Rechenmodell zur Qualitätsbewertung von PV-Modulen berücksichtigt.
© Fraunhofer ISE

Darstellung der optischen und elektrischen Verlustmechanismen, die das Rechenmodell zur Qualitätsbewertung von PV-Modulen berücksichtigt.

Praxistransfer

Die Software SmartCalc.CTM befindet sich bei zahlreichen nationalen und internationalen Material-, Modul- und Anlagenherstellern im Einsatz und unterstützt dort die Optimierung der eigenen Produkte, die Bewertung neuer Konzepte und die Identifikation von Entwicklungspotentialen.

Die Erkenntnisse des Projekts CTM100+ konnten erfolgreich in der Praxis umgesetzt werden. Sie führten beispielsweise zu folgenden Entwicklungen:

  • Rückseitenfolie mit verbesserten Eigenschaften
  • mikrostrukturierte Elemente zur Erhöhung der modulinternen Reflexion
  • leistungssteigernde Anpassungen in der Modulproduktion.

 

Letzte Aktualisierung: 20.03.2019

Auf einen Blick

Kurztitel:
CTM 100
Förderkennzeichen:
0324033
Themen:
Produktionstechnologien
Projektkoordination:
Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP
Laufzeit gesamt:
April 2016 bis Juni 2019
Projektsteckbrief als PDF downloaden

Quintessenz

  • Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten eine Technologie-Roadmap für Qualitäts-Solarmodule mit einem CTM, Verhältnis Modulleistung zur Summe der Zellleistung, von über 100 Prozent.
  • Softwaretool ermittelt optische, elektrische und geometrische Verluste und Gewinne der Zellleistung und hilft Entwicklern und Herstellern, die Modulleistung zu steigern.
  • Neues Rechenmodell entwickelt, welches Leistungsverluste vorhersagen kann.

Kontakt

Max Mittag
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
Heidenhofstr. 2
79110 Freiburg i. Br.
+49(0)761-4588-5927

www.ise.fraunhofer.de
Prof. Dr. Jens Schneider
Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP
Otto-Eißfeldt-Straße 12
06120 Halle (Saale)
+49(0)345-5589-5500

www.csp.fraunhofer.de

Ergänzende Links

Infoblatt des Fraunhofer CSP

 

CTM-Software des Fraunhofer ISE

 

Blogbetrag Max Mittag, Fraunhofer ISE

 

Flyer des Fraunhofer ISE

 

Flyer des Fraunhofer ISE

Schmuckbild
© Maridav - stock.adobe.com

Förderung
Startschuss: Förderbekanntmachung zum 7. Energieforschungsprogramm veröffentlicht

Die Bundesregierung hat am 18.10.2018 die neue Förderbekanntmachung „Innovationen für die Energiewende“ im Bundesanzeiger veröffentlicht.

mehr
Das Foto zeigt die Technik zum elektrisch leitfähigen Kleben von geschindelten Solarzellen
@Fraunhofer ISE

Photovoltaik
Klebeverfahren für Schindeltechnologie entwickelt

Klebeverfahren zur Verschaltung von Siliciumsolarzellen für die industrielle Produktion von Schindelmodulen entwickelt.

mehr

Download zum Projekt

BINE ProjektInfo 13/2017

Mit neuem Verfahren näher an die ideale Solarzelle
Bei EnArgus, dem zentralen Informationssystem zur Energieforschungsförderung, befindet sich unter anderem eine Datenbank mit sämtlichen Energieforschungsprojekten – darunter auch dieses Projekt.