16. Oktober 2020

Das Kalibrier- und Regelungssystem für Solarturmkraftwerke HelioControl ermittelt erstmalig im laufenden Betrieb die Zielpunkte von Heliostaten.

Spiegelsysteme machen bis zu 40 Prozent der Investitionen in Solarturmkraftwerken aus. Je nach Größe des Kraftwerks bündeln mehrere hundert bis zu mehrere hunderttausend Spiegel, die sogenannten Heliostaten, das Sonnenlicht auf den Receiver an der Spitze des Turms. Da die Strahlung dabei über Strecken von bis zu einem Kilometer zielgenau reflektiert werden muss, können schon geringe Winkelabweichungen bei den der Sonne nachgeführten Heliostaten zu einer Verminderung des Wirkungsgrads führen. Entsprechend groß ist deshalb das Potenzial, hier die Effizienz zu steigern und dadurch die Kosten bei der Stromproduktion zu senken.

Ein wichtiger Ansatz dabei ist das konstante Kalibrieren und Regeln der Heliostaten-Zielpunkte. Hier setzte auch das nun abgeschlossene Projekt HelioControl an, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wurde. Auf Basis digitaler Bildverarbeitung entwickelten Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE ein innovatives Kalibrier- und Regelungs-system für Heliostaten. Die Besonderheit an dem neuen System: War das Kalibrieren großer Spiegelfelder bisher mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden, können die Zielpunkte einer großen Anzahl von Heliostaten mit HelioControl erstmals während des laufenden Kraftwerksbetriebs ermittelt und angepasst werden.

Zielpunkte parallel vermessen

Um die Zielpunkte einzelner Spiegel aus der Verteilung der Gesamtstrahlungsdichte zu ermitteln, wird bei der neuen Methode ein Video des bestrahlten Receivers aufgenommen. Durch die Modulation der periodischen Bewegung einzelner Spiegel wird eine Signatur in die Strahlungsdichteverteilung am Receiver eingebracht. So kann der Beitrag einzelner Spiegel identifiziert werden. Zusätzlich nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedliche Frequenzen sowie eine im Projekt entwickelte Software zur parallelen Vermessung der Zielpunkte. Dadurch können im laufenden Betrieb die Zielpunkte mehrerer Heliostaten gleichzeitig bestimmt werden. Weichen die ermittelten Zielpunkte vom Sollwert ab, so wird der Fehler über die Heliostatensteuerung korrigiert.

Nachdem die Projektpartner die neue Methode zunächst im Labor getestet haben, konnten sie das System im Heliostatenfeld des französischen Themis-Turmkraftwerks bereits in der Praxis erproben. Eines der zentralen Ergebnisse: Die ermittelten Zielpunkte wichen häufig nur wenige Millimeter von den tatsächlichen Zielpunkten ab. Darüber hinaus konnte auch die Integration des Systems in die Regelungsmechanismen der Spiegel erfolgreich erprobt werden.

Bis zu zwei Heliostaten pro Sekunde vermessen

Welch großes Potenzial in den Projektergebnissen steckt, fasst Projektleiter Gregor Bern zusammen: „Mit HelioControl lassen sich theoretisch bis zu zwei Heliostaten pro Sekunde parallel vermessen. Ein Kraftwerk von der Größe von Noor III in Marokko mit 7.400 Heliostaten könnte so in weniger als einer Stunde statt wie bisher über mehrere Wochen rekalibriert werden.“

Unter Berücksichtigung der Messgeschwindigkeit, möglicher Einsparungen und der womöglich erhöhten Laufleistung der Heliostatenantriebe, berechnete das Projektteam anhand von Simulationsmodellen für das Kraftwerk Khi Solar One in Südafrika ein theoretisches Einsparpotenzial von mindestens fünf Prozent. Zwar lassen sich unterschiedliche Kraftwerke nicht eins zu eins vergleichen. Mit Blick auf die Investitionen für Kraftwerke, die häufig im Bereich von mehreren hundert Millionen Euro liegen, zeigt das Beispiel jedoch, dass mit der neuen Technologie erhebliche Summen eingespart werden könnten. Dabei kann das System dank einer industrienahen Schnittstelle sowohl in bestehenden, als auch in neuen Kraftwerken zur optimalen Ausrichtung der Heliostaten eingesetzt werden.

HelioControl

För­der­kenn­zei­chen: 0324175

Projektlaufzeit
01.07.2017 31.12.2019 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Thermische Kraftwerke

För­der­sum­me: 487.174 Euro