12. März 2020

Windenergieanlagen und Photovoltaikmodule haben eine begrenzte Lebensdauer. Wie die Bauteile recycelt werden können, ist Thema verschiedener Projekte.

So etwa in der Photovoltaik: Speziell bearbeitetes Glas, verschiedene Metalle in den Solarzellen und im Rahmen, fest verbundene Kunststofffolien – Photovoltaikmodule zu recyceln, ist eine Herausforderung. Die sich jedoch lohnt. Das Silizium wird für neue Module benötigt. Auch das Glas ist eine Besonderheit: Es ist besonders transparent, extrem klar und hochrein, um das Sonnenlicht so ungefiltert wie möglich auf die Solarzellen zu leiten. Doch hier liegt auch eine Schwierigkeit beim Recyceln. Der dazugehörige Prozess muss dieses Glas zuverlässig und wirtschaftlich von Folienresten und metallhaltigem Staub befreien. Zudem enthalten besonders die früheren Module vergleichsweise viel Blei. Schwermetalle und andere Schadstoffe müssen abgetrennt und sicher entsorgt werden.

Weißeres Glas durch neue Prozesse

Innerhalb des Projekts EoL-Cycle  haben sich Projektpartner unter Koordination des Unternehmens Reiling Glas Recycling mit den sogenannten End-of-Life-Modulen befasst. Reiling hatte bereits vor dem Projekt ein Recycling-Verfahren, mit dem Photovoltaikmodule behandelt wurden. Das Verfahren war aber nur zum Teil auf die Module abgestimmt. „Das gewonnene Glas konnte damit nur für Glaswolle oder Isolationsmaterialien und Ähnliches verwendet werden“, sagt Roland Pohl, Projektkoordinator bei Reiling. Innerhalb des Projekts haben die Projektpartner es geschafft, die Glasqualität deutlich zu steigern, indem sie zwei zusätzliche Schritte in den Prozess eingebaut haben.

Nach dem Schreddern durchläuft das Material speziell entwickelte Klassierschritte – Analysen innerhalb des Projekts haben gezeigt, dass auf diese Weise Silizium und Silber in bestimmten Korngrößenbereichen aufkonzentriert werden können, was das weitere Recycling vereinfacht. Das übrige Glas wird danach zusätzlich durch eine im Projekt weiterentwickelte Sichtertechnik von Kunststoffen, Glas mit Folienresten und Staub befreit. Die Partikel werden hierbei entsprechend ihrer Dichte aufgetrennt. „Das Glas wird damit wesentlich weißer als vorher“, beschreibt Pohl das Resultat. Silizium und Silber werden erfolgreich abgetrennt und es entsteht weniger Staub. Um die Schritte wirtschaftlich umsetzen zu können, stehen jetzt weitere Arbeiten an.

Beim Recycling der Photovoltaik-Module entstehen unter anderem Glasbruchstücke, Folienreste und metallhaltiger Staub.
© Reiling

Beim Recycling der Photovoltaik-Module entstehen unter anderem Glasbruchstücke, Folienreste und metallhaltiger Staub.

Recycling von Windparks auf See absolutes Neuland

Bei den Windenergieanlagen auf See fängt die Herausforderung schon beim Standort an. Photovoltaikmodule stehen auf der Wiese oder sind auf Dächern installiert. Offshore-Windparks dagegen stehen in der Nord- und Ostsee. Das allein macht schon den Transport der Bauteile beim Rückbau aufwändig und damit teuer.

Im See-Off-Forschungsprojekt werden daher verschiedene Rückbauszenarien entwickelt. Ist es beispielsweise sinnvoller, die Windenergieanlagen direkt auf hoher See auseinanderzubauen? Oder sollte dies aus Gründen der Sicherheit und der Kosten erst an Land erfolgen? Und müssen die Fundamente unterhalb des Meeresbodens in 30, 40 Meter Tiefe abgeschnitten oder sogar vollständig entfernt werden?  Oder haben sich dort neue Lebensräume für Pflanzen und Tiere entwickelt, und Teile des Offshore-Windparks sollten dort besser verbleiben?

Demontage von Offshore-Windenergieanlagen ganzheitlich denken

Fragen wie diese werden von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Hochschule Bremen gemeinsam mit Partnern aus dem Windenergie- und Entsorgungsbranche diskutiert und die verschiedenen Lösungsoptionen analysiert. „Wir müssen uns dem Thema aus allen Perspektiven widmen“, sagt Professorin Silke Eckardt von der Hochschule Bremen, die das Projekt koordiniert. Hilfreich dabei ist, dass diverse Windenergieunternehmen als Projektpartner ihr Know-how ins SeeOff-Projekt einbringen. Leider sind sogenannte Explosionszeichnungen in der Windenergieanlagenindustrie im Gegensatz zur Autoindustrie noch nicht selbstverständlich. Diese zeigen sämtliche Bau- und Bestandteile sowie Inhaltsstoffe eines Produkts.

Trotz dieser Problematik möchten die Expertinnen und Experten im Forschungsvorhaben realistische Rückbauszenarien für Offshore-Windparks erarbeiten. Diese sollen den Windpark-Betreibern helfen, die Kosten einzuschätzen. Auch Umwelt- und Arbeitssicherheitsaspekte sowie die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz der verschiedenen Lösungsoptionen werden bewertet. Am Ende des Projekts soll ein Handbuch entstehen, in dem Handlungsempfehlungen für den Rückbau zusammengetragen werden.

Auch international wird das Thema Rückbau und Recycling von Windenergieanlagen vorangetrieben. So war es etwa Inhalt eines Topical Expert Meetings der IEA Wind Technologieinitiative im November 2019. Die Expertinnen und Experten sehen etwa den Rückbau der Offshore-Gründungen, die die Windenergieanlagen im Meeresboden in der Tiefe verankern, als Herausforderung. Die Forschung und Zusammenarbeit zum Thema Recycling soll vorangetrieben werden, eventuell mit einem eigenen, neu zu gründenden Task.

Die Photovoltaik-Technologieinitiative der IEA widmet sich dem Recycling innerhalb von Task 12. Hier arbeiten deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits an dem durch das BMWi geförderten Projekt RePotPV mit, bei dem potenzielle Recycling-Systeme umfassend analysiert werden sollen.